Phnom Penh - Water and Moon

Und da sind wir nun…in Kambodschas pulsierender Hauptstadt Phnom Penh. Nach der Odyssee zur Besorgung des Bustickets waren wir gestern zumindest ohne große Probleme um Punkt 5 Uhr in der Früh an der richtigen Haltestelle und wurden quasi auch schon erwartet. Nach einer ersten Bekanntschaft mit einer wirklich gruseligen Toilette und unseren ausschließlich einheimischen Mitfahrern werden wir schließlich in den Bus verladen. Und zwar nachdem gefühlte Tonnen an undefinierbarem Gepäck bereits im hinteren Drittel des Buses wohlgemerkt durch’s Fenster (?) verstaut wurden. Die Vorhänge drum herum fein säuberlich zugezogen, so dass wir uns fragen, was wohl in all den Kartons und Kisten verstaut ist. Der Bus ist alt, beengt – unter jedem Sitz liegt zusätzlich zu den Kisten ein riesen Sack mit irgendwas drin – so dass es uns Europäern mit ein paar cm Körpergröße mehr kaum noch möglich ist, die Beine zu verstauen. Das können ja heitere 8 Stunden werden. Glücklicherweise bleibt noch eine Reihe frei und so zieht Thommy gleich nach hinten um, was die Sache wenigstens etwas erleichtert. Der Bus ist nicht mehr wirklich als klimatisiert zu bezeichnen, Gefrierfach trifft es eher. Und so bin ich froh über meine Fleecejacke und das Tuch, in das ich mich zusätzlich einwickle. Und los geht’s Richtung Kambodscha. Die ersten 1,5 Stunden verschlafen wir zum Glück, nach 2 Tagen deutlich zu frühem Aufstehen, fällt uns das auch nicht weiter schwer. Um halb acht machen wir dann eine Frühstückspause irgendwo am Straßenrand. Wir zeigen der Dame vor Ort unseren Breakfast-Voucher und kurze Zeit später serviert eine zahnlos lächelnde Omi die letzte vietnamesische Pho (Suppe). Unsere Mitfahrer entscheiden sich größtenteils für Reis mit gebratener Ente und Gemüse, aber das ist uns nach wie vor um diese Uhrzeit nicht ganz geheuer ;) Und schon geht’s weiter…die nächsten 2,5 Stunden zehren an den Nerven. Etwa alle 15 Minuten halten wir an, und einer der Busgesellschafts-Fuzzis hieft neue undefinierbare Ware vom Strassenrand durch’s Fenster. Mittlerweile türmt sich das Zeug bis beinahe unters Dach und irgendwie riecht es auch seltsam. Aber egal, auch wenn uns das ständige Anhalten nervt und uns die obskuren Straßengeschäfte angesichts eines anstehenden Grenzübertrittes unheimlich sind, ändern können wir es nicht. Gegen halb elf erreichen wir sie dann, die vietnamesisch-kambodschanische Grenze. Der Bus-Fuzzi verschwindet samt aller Pässe und eine viertel Stunde später steigen wir alle zur Gesichtskontrolle aus und LAUFEN von Vietnam nach Kambodscha…einfach so. An einem 4.11. überqueren wir zum ersten Mal in unserem Leben eine Landesgrenze zu Fuß, wie geil is das denn bitte!? Der Grenzbeamte in Vietnam verabschiedet uns mit einem „hope to see you back quite soon“ und dann sind wir „drüben“. Wir steigen wieder ein, der kambodschanische Beamte wackelt einmal durch den Bus, findet die bis unter die Decke gestapelten Kisten offensichtlich nicht weiter schlimm und weiter geht die Fahrt. Die Landschaft is genial, saftig grün tropisch, ein Haufen Reisfelder und immer wieder Menschen, die auf den Feldern arbeiten. Die Siedlungen sind karg, meist Hütten aus Wellblech und Palmenblättern, dazwischen Kühe, Hühner und nackelige Kinder, die sich in großen schlammigen Pfützen waschen. Das erste Gesicht, das uns Kambodscha zeigt ist ein sehr ländliches und armes und irgendwie macht es mich betroffen, ohne dass ich das richtig in Worte fassen kann. Dann machen wir Mittagspause. Die Toilette hier stellt das bisher erlebte in den Schatten und nach allem, was wir aus dem Bus bisher gesehen haben, essen wir lieber die mitgebrachten Croissants. Doch auch unsere vietnamesischen Mitfahrer sind zurückhaltend…die einen steigen gar nicht erst aus und die anderen halten sich ebenfalls an ihre Lunchpakete aus der Heimat, ebenfalls eine interessante Erfahrung für uns. Und gegen 14 Uhr sind wir dann da, in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh. Der Verkehr ist furchtbar, von der Stadtgrenze bis zum Busbahnhof brauchen wir geschlagene 1,5 Stunden. Teilweise geht es über Minuten weder vor noch zurück, die Sonne knallt und trotz Eiszeit Feeling am Anfang der Fahrt ist es mittlerweile ordentlich warm in unserem Gefährt. Am Bahnhof angekommen steigen wir aus Mangel an Alternativen in unser erstes TukTuk und „tukkern“ zum Hotel. Jetzt ist es 16:00, müde und hungrig beziehen wir ein tolles Zimmer und wackeln sogleich auf die Dachterrasse, um den Ausblick auf den Fluss, die Dächer der Stadt und den anstehenden Sonnenuntergang zu genießen. Hier erinnert auf den ersten Blick nichts an das arme Leben in den ländlichen Provinzen. Schicke Hotels, ein Haufen guter Restaurants und Bars zu überhöhten Dollar- Preisen und eine Stadt, die sich auf das anstehende 3tägige „Water and Moon Festival“ vorbereitet. Nach einem erfrischenden Cocktail geht’s auf ins Getümmel der Uferpromenade und wir essen leckere Khmer-Küche in Form von Chicken- Amok. Das Zeug hat es in sich, was die Schärfe angeht und schmeckt so ganz anders als Vietnam. Lecker ist es allemal ;) Ein Phänomen dieser aufstrebenden Stadt trifft uns jedoch auch hier. Überall kleine verwahrloste Kinder, die versuchen das Zeug aus ihren Bauchläden an die Touristen zu bringen. Es kostet richtig Kraft, trotz Schmollmund und großer Kulleraugen beim Nein zu bleiben und uns wird bewusst, wie groß die sozialen Probleme hier sind. Daneben beobachten wir Szenen, in denen die Kleinen ihr eigene Frustration aneinander auslassen und manchmal, wenn sie für einen Moment in der Gruppe vergessen, ihrem „Job“ nachzugehen, dann kichern sie und necken sich und sind einfach Kinder…so wie es eigentlich sein soll. Sehr nachdenklich gehen wir frühzeitig nach Hause und reden noch lange über das, was uns hier so betroffen macht.

Heute Morgen ist das Leben auf der Straße schon in vollem Gange. Neben dem Neujahrsfest sind die nächsten 3 Tage die wichtigsten Feiertage im Land und so steht gefühlt nicht nur Phnom Penh, sondern ganz Kambodscha hier Kopf. Bevor das legendäre Bootsrennen auf dem Tonle Sap River losgeht, machen wir eine kleine Walking-Tour durch die umliegenden Viertel. Vom Wat Phnom als wichtigstes Heiligtum der Stadt, über den leider geschlossenen prunkvollen Königspalast hin zum Unabhängigkeitsdenkmal und dem kambodschanisch-vietnamesischen Freundschaftsdenkmal. Es ist super heiß und meine Lauflust lässt nach kurzer Zeit nach. So beschließen wir ab 16:00 das Bootsrennen von der Dachterrasse aus mit zu verfolgen. Davor eine willkommene Abkühlung im Dachpool und dann ab nach ganz oben. Am Ufer zu beiden Seiten tausende Menschen, die ihr jeweiliges Team lauthals unterstützen.  Ein buntes Spektakel, das wir aus anderer Perspektive gespannt mitverfolgen. Auch die Angestellten des Hotels fiebern mit und wir amüsieren uns ein bisschen, wie alle versuchen in einem unbeobachteten Moment trotz Arbeitszeit ein Foto von oben zu schießen. Langsam wird es dunkel und das Highlight des Tages nähert sich. Nachdem alle Boote samt Teams den Fluss verlassen haben, ertönt der erste Knall und somit der Startschuss für ein 20minütiges Feuerwerk über dem Wasser. Daneben ein dutzend riesiger Boote mit beleuchteten Bildern, die mit asiatischer Musik den Fluss auf und ab fahren. Ein zauberhaftes Erlebnis, bei Vollmond über den Dächern der Stadt den Himmel und das Wasser bunt beleuchtet zu sehen. Das pulsierende Leben der Straßen schwappt auf uns über. Weg von unserem Beobachterposten hinein ins Gewühl. Es ist stickig, es ist laut, es ist bunt. Tausende Menschen ziehen durch die Straßen. Am Ufer des Flusses und im Park vor dem hell erleuchteten Königspalast eine Picknickdecke neben der anderen. Familien und Freunde, die gemeinsam essen. Ein Stimmengewirr, Gelächter, Duft von Gegrilltem neben Süßem und Unbekanntem. Eine Nacht, die irgendwie alle Sinne einnimmt. So bleiben wir stehen…mittendrin und lassen das alles auf uns wirken. Für mich einfach nur Wahnsinn, was für ein pulsierendes und energiegeladenes Leben das diese Stadt grade jetzt in diesem Augenblick versprüht und ich kann es mal wieder kaum fassen, was um mich herum passiert. So geflasht sitze ich jetzt zuhause und versuche, all diese Eindrücke, Gerüche und winzigen Szenen, die in meinem Kopf Karussell fahren irgendwie zu ordnen, bevor wir morgen in einen weiteren Tag in oder besser mit dieser Metropole starten.

Der Gruß des Tages geht an Familie Hein. Wir schicken Euch gegen das Herbstwetter allerliebste Grüße nach Braunschweig J Wir geben gerne ein bißchen Hitze und Sonne ab…dicken Knuddler von uns!

Zitat des Tages: (als ich grade zu Thommy sage: glaub wir haben heut gar kein Zitat des Tages kommt die Antwort) „Wir haben uns ja heut auch net unterhalten J


Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Die Heinis (Mittwoch, 05 November 2014 18:07)

    Danke ihr Weltenbummler :)

  • #2

    Julia (Mittwoch, 05 November 2014 21:32)

    Dicker Kuss nach Kambodscha! Ich bin sehr gespannt, über dieses Land zu lesen... Passt gut auf euch auf!