Und am Ende war der Mekong

2 Tage Mekong-Delta liegen nun hinter uns. Mal wieder sind wir mit dem Bus dorthin unterwegs gewesen. Wir haben uns am Abfahrtstag bis mittags in Saigon Zeit gelassen, um anschließend das „richtige“ Office für unsere Fahrt nach Can Tho aufzusuchen ;). Auf alle Eventualitäten gefasst rechnen wir mit dem Schlimmsten…doch siehe da, irgendwie klappt alles wie am Schnürchen. Das Taxi setzt uns an der richtigen Adresse ab, wir kaufen die Tickets und keine 10 Minuten später sitzen wir in einem Bus. Getreu dem Motto: „Schlimmer geht immer“ sind wir zufrieden mit diesem recht abgeranzten Gefährt, bei dem ich gerade so unter die Kopfablage passe und die Klima-Puste quasi einen Föhn ersetzt. Zudem sind die Sitzflächen auf die kleinen Vietnamesen-Popo’s angepasst, will heißen: Bei jedem bremsen rutschen wir so weit nach vorne, dass wir uns am Vordersitz abfangen müssen. Nebenher Helene Fischer auf vietnamesisch und zwar in einer Lautstärke, die nicht mehr als angenehm bezeichnet werden kann. Wir schauen uns an und brechen erst mal in Lachen aus, wofür wir von den sonst nur einheimischen Mitfahrern irritierte Blicke ernten. Auf drei Stunden eingestellt, halten wir nach etwa 15 Minuten an einem riesigen Busbahnhof. Wir wundern uns, denn alle steigen aus. Und wenn wir eines nach 5 Wochen Vietnam mittlerweile gelernt haben: Wenn keiner Englisch spricht im Zweifel einfach nachmachen. Und diese Entscheidung ist goldrichtig. Das klapprige Mini-Bus Gefährt sollte nämlich lediglich der Shuttle Service zu einem schicken großen Reisebus mit Liegesitzen sein JAlso steigen wir um und da der Bus nur zur Hälfte besetzt ist, nimmt gleich jeder für sich eine Reihe ein. Und so vergehen die 3 Stunden nach Can Tho ganz entspannt im Halbschlaf. Dort angekommen, checken wir erst mal ins Hotel ein. Nachdem uns die freundliche Dame der Rezeption eine völlig überteuerte Bootstour zu den schwimmenden Märkten am nächsten Morgen aufquatschen will, lehnen wir dankend ab und wackeln sogleich Richtung Kai, um uns privat jemanden zu organisieren. Sofort werden wir schon auf dem Weg dahin von 2 älteren zahnlosen Damen belagert. Trotz mehrfach deutlich geäußertem Nein, lassen die beiden nicht locker. Richtige Wadenbeißer die 2 alten Ladies. Nach einer gefühlten Ewigkeit und sträflicher Ignoranz unsererseits geben sie endlich auf. Dann treffen wir Ut. Zurückhaltend spricht sie uns an und ihre freundliche Art ist Balsam für unsere „wanna buy“ geschundene Traveller-Seele. In Ruhe verhandeln wir mit ihr die morgige Tour und sind am Ende auf beiden Seiten zufrieden. Wir bekommen eine private Tour in einem kleinen Boot für weniger als die Hälfte des Hotelpreises und Ut freut sich über ihre verdienten Dollar. Unsere hungrigen Mägen besänftigen wir schließlich auf dem schönsten Streetfood Markt, den wir auf unserer 5 wöchigen Reise entdeckt haben. Das Angebot ist reichlich, die Auslagen schmackhaft und so futtern wir uns durch die lokalen Köstlichkeiten und erregen als beinahe einzige Westler Aufsehen unter dem heimischen Volk. Die schönste Szene für uns ist ein etwa 7jähriges vietnamesisches Mädchen. Wir nehmen grade mit unseren erstandenen Leckereien Platz, da saust sie auf Ihrem Roller vorbei und spricht uns in tadellosem Englisch an. Wir sind verblüfft, denn bisher sind wir doch recht oft schnell an die kommunikativen Grenzen gestossen. Doch die Kleine brabbelt drauf los, woher wir kommen und ob ich Dirk’s Frau bin, wie wir heißen und so weiter. Schließlich erklärt sie mir, dass Ihr Name Hamster sei und ob ich wüsste, dass es sich um ein kleines Haustier handelt. Als ich daraufhin kurz zögere kommentiert die Kleine das mit einem: „Oh, you don’t understand me…I see!“ und verabschiedet sich mit einem Goodbye. Was für eine skurrile Szene, da stossen wir mehrfach täglich bei den einfachsten Dingen auf sprachliche Grenzen…und ausgerechnet eine kleine 7jährige Göre gibt mir zu verstehen, dass ich als Gesprächspartner offensichtlich ungeeignet bin ;) Herrlich! Wir jedenfalls lassen es uns schmecken und hüpfen dann schnell ins Bett, die Nacht ist schließlich gegen 5:00 schon wieder vorbei. Denn um 5:30 werden wir von Ut’s Cousine Thuy pünktlich am Hotel abgeholt und in ihr Boot verfrachtet. Noch vor dem richtigen Sonnenaufgang machen wir uns mit allerlei anderen Booten auf den Weg zum größten schwimmenden Markt des Mekong-Deltas. Voller Erwartungen blicken wir gespannt in Fahrtrichtung und müssen uns ca. eine Stunde später eingestehen, dass wir etwas anderes erwartet hatten. Der Markt ist überschaubar in der Größe und das morgendliche Treiben kleiner Boote mit unzähligen verschiedenen Waren, schreiende Händler und schwierig zu manövrierende Wege durch das Gemenge gibt es schlichtweg nicht. Den meisten Booten sieht man nicht mal an, was sie verkaufen. Viele der Bootsbewohner scheinen grade selbst erst ihren morgendlichen Kaffee zu schlürfen und die einzigen kleinen Nussschalen die in Marktschreier-Manier versuchen zu verkaufen sind die typischen Touristenfänger-Boote, die einem mit Kleinkram versuchen, das Gefühl eines Handelsplatzes zu vermitteln. Das kommt bei uns jedoch nicht an. Nach nicht mal einer halben Stunde sind wir mehrfach durch die großen Motorboote geschippert und uns hat der Spirit des schwimmenden Marktes irgendwie nicht so recht gefangen…weiter geht es zu einer Reisnudelfabrik, die im Gegensatz dazu tatsächlich recht authentisch wirkt. Und danach fängt für uns dann endlich das Highlight der Tour an…als wir nämlich mit Thuy abseits aller anderen in einen kleinen Mekong-Seitenarm schippern, vorbei an all den Hütten der dortigen Bewohner. Es wird Wäsche gewaschen, Geschirr gespült, die Haare schick gemacht und die Hühner für’s Mittagessen abgewaschen. Der nächste pinkelt rein und wieder einer putzt sein Gemüse. Der Mekong ist hier Lebensader für die Menschen und jeder nutzt ihn auf seine Weise. Faszinierend und zugleich ein wenig befremdlich für uns als Europäer. So fahren wir gemütlich weiter, beobachten und lassen uns von Thuys Handwerkskünsten beeindrucken. Aus dem während der Fahrt gesammelten Bambus, den Palmenblättern und ein paar Blütenknospen bastelt sie uns faszinierende Dinge. Einen Vogel, ein Herz…wir sind begeistert und sie freut sich wie ein Kind und lacht herzhaft über unsere erstaunten Gesichter. Entgegen aller bisherigen Erfahrungen möchte Thuy am Ende unserer 4stündigen Reise keinen einzigen Dong dafür haben. Wir sind sehr verwundert, denn das geschäftstüchtige Völkchen findet immer und überall einen Grund hier und da noch ein paar Dong draufzuschlagen. Das imponiert uns nach 5 Wochen reisen in diesem Land und wir geben ihr ein kleines Trinkgeld. Das bringt Thuy ein bißchen aus der Fassung und sie wird nicht müde, sich fortwährend zu bedanken und uns zu drücken. Was für eine schöne Erfahrung! Stolz über unsere handgemachten Unikate gehen wir erst mal zurück ins Hotel. Der Tag ist jung und wir beschließen unserer Lieblings-Beschäftigung – dem Roller fahren – nachzugehen. Der Versuch, uns vorher noch ein Busticket für unsere morgige Weiterreise nach Kambodscha zu organisieren scheitert kläglich. Hier ist alles wie immer…die Dame an der Rezeption hat ein ganz tolles Angebot und für nur ganz wenig mehr Geld wäre es ja total super, wenn…blablabla. Wir sind genervt. Mit Mühe bekommen wir von der schlecht englisch sprechenden Dame endlich eine Visitenkarte der entsprechenden Bus Company und machen uns mit einem wirklich schäbigen Roller auf den Weg dahin. Beim ersten Mal noch dran vorbei gefahren, entdecke ich hinter dem !ACHTUNG! Eingangsschild eines Fitness-Studios den Hinweis. „Bus-Tickets to Cambodia here.“ Zwischen lauter halbnackten schwitzenden Vietnamesen finden wir einen, der uns klar macht, dass irgendwo hinter dem Fitnessstudio das zuständige Büro zu finden ist. Also laufen wir um’s Eck und kommen in einen unscheinbaren Hinterhof. Hier sitzen 4 Männer, die uns zwar eine Visitenkarte mit einer Telefonnummer in die Hand drücken, Englisch spricht jedoch auch hier keiner. Cambodia ist unser einziges Codewort zur Verständigung. Fakt ist, dass wir mal wieder nicht an der richtigen Adresse sind und es mittlerweile zur Abwechslung ordentlich regnet. Plan B muss her. Wir laufen wieder zurück zur Hauptstrasse. Irgendein Hotel wird es geben, dass uns anhand der Visitenkarte den Weg zeigen kann oder uns gar anhand der Telefonnummer eine Verbindung herstellt. Und da geschieht die nächste Kuriosität! Noch während wir Ausschau nach einem Hotel halten, entdecke ich auf der anderen Strassenseite ein TOEFL-Institut. Welch Glück! Wer Englisch Zertifikate an den Mann bringt, ist genau der richtige Ansprechpartner für die Lösung unseres Problems. Denkste…noch ehe wir das Mädel hinter dem Tresen mit unserem Anliegen belästigt haben, sehen wir das große P in den Augen. Denn auch hier, in einem Institut für ENGLISCHE Sprachzertifikate spricht keiner Englisch. Ich weiß nicht mehr wie lange wir mit Händen, Füßen, Zetteln und Stift kommuniziert haben. Irgendwann jedenfalls hat uns das Mädel nach 3 Telefonaten mit der Nummer auf der Visitenkarte versichert, dass wir für morgen auf einen Bus nach Phnom Penh gebucht sind und um 5:00 an einer bestimmten Bus Station aufschlagen sollen. Was für ein Einsatz Ihrerseits, das muss man diesem Völkchen lassen. Ihre Hilfsbereitschaft ist wirklich außerordentlich! Uns bleibt nichts anderes übrig, als das einfach so hinzunehmen und abzuwarten was passiert. Im Dauerregen fahren wir erst mal zurück. Die geplante Tour in die Reisfelder lassen wir sein. Sowohl Wetter als auch Laune sind fern von gut. Nach einer Stunde auf dem Zimmer beschließen wir, doch noch mal die Dame der Rezeption mit unserem Anliegen aufzusuchen. Irgendwie ist uns nicht wohl dabei, auf einen Bus gebucht zu sein ohne Ticket, ohne selbst verhandelt zu haben und ohne genau zu wissen, wo wir morgen hin müssen. Glücklicherweise bestätigt uns eine mittlerweile deutlich kompetentere Rezeptionistin, dass alle bisher gesammelten Infos stimmen und bestärkt uns darin, lieber gleich noch das Ticket zu besorgen. Wir schnappen uns also erneut die Helme und wollen uns auf den Roller schwingen. Doch leider: das gute Stück, das wir übrigens für den ganzen Tag gemietet haben, ist just zur Reparatur unterwegs. Oops, wie kann das sein? Klappt heute vielleicht auch mal was…also so gleich beim ersten Mal vielleicht? Um es kurz zu machen: wir überbrücken die Reparaturpause mit einem kleinen Einkauf in Form eines Notfall Fresspakets für morgen…you never know ;) und schaffen es tatsächlich 1 Stunde später mit repariertem Roller auf direktem Weg das Office zu finden und 2 Tickets zu kaufen. Jetzt muss der Bus morgen nur noch mit uns, Gepäck und ohne größere Zwischenfälle nach Phnom Penh fahren! Darauf gibt‘s an unserem letzten vietnamesischen Abend erst mal ne richtig leckere italienische Pizza ;) In diesem Sinne, Goodbye Vietnam!!!

Der Gruß des Tages: geht an Familie Theil, weil Ihr offensichtlich so eifrige Leser seid und uns immer wieder liebe Grüße zukommen lasst! Wir freuen uns jetzt schon auf den Glühwein im Dezember ;) Dicken Kuss für Euch alle…und einen besonders lieben Knuddler für Klara

Zitat des Tages: „We shipper on the river!“


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Kommentare: 1
  • #1

    Steven (Dienstag, 04 November 2014 17:35)

    grandiose story :-) LG