Paradies mit Schönheitsfehlern

Zwei weitere Tage Phu Quoc sind vorüber…und wir wollen ja bei der Wahrheit bleiben ;) Hat uns der Ankunftstag hier wirklich von den Socken gehauen, so mussten wir gestern einige Abstriche machen. Euphorisch ob der Tatsache, dass dieses Inselchen touristisch in vielen Gebieten bisher wenig erschlossen ist und wir den Strand vor unserer Haustüre schon wirklich genial finden, entscheiden wir uns am Morgen mal wieder für einen Roller und eine weitere Erkundungstour. Laut Reiseführer und Hotelinfo sollen die schönsten Strände der Insel im Norden liegen und genau da wollen wir hin. So packen wir unsere 7 Sachen und verlassen unser Hotel zunächst Richtung Hauptstadt Duong Dong. Auch wenn man es nicht für möglich halten mag…dieses Mini-Städtchen fordert unserem Orientierungssinn so einiges ab und nach ein paar Runden im Kreis fahren landen wir dann endlich auf einer Art Hauptstrasse. Diese führt nur leider nicht Richtung Norden, sondern in den Osten der Insel ;) Die typische 50/50 Situation, in der man sich garantiert für den falschen Weg entscheidet. Am Tor zum inseleigenen Nationalpark werden wir von einem Schild und einem netten Mann in Uniform gestoppt. Der Zutritt ist hier nämlich nur mit einem Guide erlaubt, da der Nationalpark ein riesiger Dschungel ist, der nur mit Ortskenntnis durchwandert werden kann. Und nach der Erfahrung in der vergleichsweise übersichtlichen Hauptstadt sind wir darüber ehrlich gesagt auch ganz froh. Der englischen Sprache nicht mächtig, gibt uns der Herr anhand der Karte aber zu verstehen, dass wir ein Stückchen zurück und dann rechts ab in die Pampa fahren müssen. Gesagt, getan…wir verlassen die geteerte Strasse und landen auf einer Art breiten Feldweg mit australisch anmutend roter Erde. Links und rechts die Ausläufer des Dschungels und ab und zu ein einheimisches Gefährt, von dessen Fahrer wir neugierig beäugt werden. Losgezogen mit der Überzeugung heute mal     „ adventurous“ zu sein, biegen wir den ersten sandigen Weg ab. Wenn irgendwo ein einsamer Strand auf uns wartet, dann bestimmt hier. Nach ca. 500m erreichen wir eine doch recht wackelig aussehende Bambusbrücke, die Thommy samt Roller lieber alleine überquert und ich zu Fuß. Auf der anderen Seite wird der sandige Weg so tief, dass der Roller kaum noch in der Spur bleibt, also entscheiden wir uns umzudrehen. Aber auch das gestaltet sich schwierig, da der Weg links und rechts durch Büsche derart begrenzt ist, dass wir mit dem Roller nicht drehen können. So befördern wir unser Gefährt rückwärts raus…ich ziehend und Thommy schiebend. Nix war’s mit dem einsamen Strand. Davon nicht unterzukriegen nutzen wir gleich die zweite Möglichkeit ein paar Kilometer später wieder in einen solchen Weg abzubiegen. Diesmal kommen wir ein bißchen weiter und lassen uns erst stoppen als ein paar wild gewordene Hunde bellend aus einem Haus im Nirgendwo rausflitzen. Mittlerweile sind wir tatsächlich ein bisschen desillusioniert, haben wir es uns doch definitiv einfacher vorgestellt, einen einsamen Strand zu finden. Wir beschließen erst mal auf dem Hauptweg zu bleiben…in 15 km sollen wir einen auf der Karte verzeichneten Strand erreichen. Anfangs noch beeindruckt von der üppigen regenwaldähnlichen Vegetation, den neuartigen Geräuschen diverser Waldbewohner und der kühlen beinahe frischen Luft, können 15 km auf einer Schotterpiste zum Ende der Regenzeit dann auch echt lang werden. Zunehmend werden die Schlaglöcher größer und die Strasse matschiger. Als wir dann endlich am nördlichsten Zipfel der Insel angekommen sind finden wir zwar einen Strand, dieser löst bei uns jedoch Entsetzen aus. Es stinkt nach totem Getier und Gammel und der Abschnitt gleicht einer Müllhalde. In der Nähe eines wirklich von der Zivilisation abgeschnittenen Fischerdorfes ist dieser Fleck einfach nur abstoßend. Obwohl wir nach 3 Stunden suchend in der Mittagshitze dringend eine Pause nötig hätten, fahren wir schnellstmöglich weiter. Mit immer größerer Unlust und dem aufsteigenden Zweifel heute noch erfolgreich zu sein, steuern wir ein auf der Karte vermerktes Resort an, um wenigstens dort einen Happen essen zu können. Das Resort allerdings scheint ein schwarzes Loch auf der Landkarte zu sein…wir fahren und fahren und fahren…bis irgendwann erneut ein Weg nach rechts abzweigt. Ein letzter Funken Hoffnung bringt uns dazu, hier nochmal abzubiegen. Doch der Weg ist nach dem Regen der vorangegangen Wochen eine einzige Katastrophe. Die Fahrt gleicht einer Art Moto-Cross, wir rutschen in Schlammspuren weg, juckeln durch kleine Seen und steigen schließlich in einer den kompletten Weg versperrenden „Monsterpfütze“ vom Roller ab. Ich stecke bis zum Oberschenkel im Schlamm, verliere meine Schuhe und wir sind mehr als froh, dass der mit Dreckwasser vollgelaufene Motor nicht vollends den Geist aufgibt. Jetzt reicht’s!!! Wir haben die Schnauze voll von einsamen Stränden und romantischen Buchten. Endfrustiert treten wir nach 7 Stunden ohne Umschweife den Heimweg an. Die Strandtücher unbenutzt, der Magen leer…In Duong Dong erleben wir als winzig kleines Trostpflaster einen traumhaften Sonnenuntergang und dann: Ja dann geht es weiter, wie es begonnen hat. In der Dunkelheit des Abends und ohne Karte (die wir irgendwo auf dem Weg verloren haben) sind wir in dieser Stadt aufgeschmissen. Immer wieder ein Funken des Erkennens um dann doch an der gleichen Brücke zum 3. Mal zu stehen. Der Verzweiflung nahe entdecke ich auf einem Roller ein westlich aussehendes Paar. Wir halten sie an und ich frage nach dem Weg. Welch GLÜCK, dass der Tourist sein IPAD samt Google Maps am Start hat und uns den Weg zu unserem Hotel zeigen kann. Ich mache ein Handyfoto und nach 1,5 Stunden Irrfahrt kommen wir ausgehungert und völlig fertig zuhause an. Jetzt wollen wir nur noch essen, duschen und dann nix mehr hören und sehen von diesem angeblichen Paradies!

Nach dem verzockten Tag von gestern bevorzugen wir heute Pauschaltouristen-like einen entspannten Tag im Hotel. Jawoll, sowas kann tatsächlich auch Spaß machen. Wir pendeln zischen Pool und Meer hin und her, schlürfen Milkshakes und Cocktails, machen einen Spaziergang am Strand und genießen das Nix tun. Die Zeit vergeht wie im Flug und ruckzuck dürfen wir erneut einen herrlichen Sonnenuntergang erleben. In der einsetzenden Finsternis spielen wir im Pool noch eine Runde Federball und freuen uns jetzt auf ein lecker Seafood Abendessen. Morgen reisen wir spät abends wieder ab und unser Fazit über Phu Quoc ist zwiespältig. Paradoxerweise müssen wir uns an diesem Ort eingestehen, dass der touristisch erschlossene Bereich für uns diesmal weitaus mehr Charme hat, als die vermeintlich versteckten Flecken. Sicher sind uns ganz zauberhafte Orte einfach nur verborgen geblieben…die, die wir aber entdeckt haben, waren einfach nur riesige Müllhalden und haben weder Aufenthalt noch Aufwand gelohnt. Für uns also ein Paradies mit Schönheitsfehlern.

Heute haben wir 2 Grüße des Tages:

Der erste Gruß geht an das Pärchen auf dem Roller dafür, dass Sie uns sicher nach Hause geleitet haben! Ohne die beiden wären wir wahrscheinlich noch 5 weitere Male an der gleichen Brücke gestrandet.

Der zweite Gruß des Tages geht an den unbekannten vietnamesischen Rollerfahrer. Dieser hat Thommy in Anbetracht großer Skepsis durch eine weitere Monsterpfütze zu fahren der englischen Sprache nicht mächtig vorgemacht, wie er zu fahren hat und sich hinterher sogar angeboten unseren Roller durch den Schlamm zu manövrieren.  

Zitat des Tages : „Being adventurous führt auch nicht immer ans Ziel…“


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Kommentare: 2
  • #1

    Kleine Breite ;-) (Freitag, 31 Oktober 2014 09:45)

    Ich liebe diesen Blog, lese ihn jedesmal mit Begeisterung und fiebere ordentlich mit euch mit!
    Immer schön weiter schreiben!

  • #2

    Die Kleinbüllesheim Sandra (Sonntag, 02 November 2014 17:59)

    Hallo Ihr Lieben, ich muss es leider gestehen: Ich habe mich über die Berichterstattung dieser Roller-Schlammtour hier zuhause königlich amüsiert (tut mir leid, aber vielleicht könnt ihr ja inzwischen auch drüber lachen)!!! Tröstet Euch, schon der Autor von Don Quijote, Miguel de Cervantes, hat mal gesagt: "„Wer Abenteuer sucht, findet nicht immer das Angenehme“...
    Ich wünsche Euch auf jeden Fall das die nächsten adventurosen Ausflüge wieder mit ausschließlich positiven Erlebnissen enden. Ganz liebe Grüße aus der Ferne!